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November/Dezember 2018: Säugetiere aus fernen Ländern in den Leinepoldern

Sie leben meist heimlich und manche sind vor allem nachts aktiv: Säugetiere. Einige der hierzulande vorkommenden Arten stammen von fernen Kontinenten. Durch den Menschen verschleppt und in die Natur entkommen, tun sie dieser nicht immer gut – auch nicht in den Leinepoldern.

Ob als Tiere für die Zoo- oder Heimtierhaltung, zur kommerziellen Nutzung, für die Forschung oder als "blinde Passagiere" in Warenlieferungen – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Tiere in ein anderes Land gelangen können. In allen genannten Fällen hat der Mensch seine Finger im Spiel, und er hat somit erheblich dazu beigetragen, dass allein in Deutschland heute rund 1.100 gebietsfremde Tierarten leben.

Ein großer Teil davon sind Insektenspezies, doch auch elf Säugetierarten kamen mit Hilfe des Menschen zu uns. Einige gelangten in die heimische Natur, indem sie aus der Gefangenschaftshaltung entkommen konnten, andere wurden ausgesetzt, damit man sie jagen kann oder weil ihre Züchter ihre Aktivitäten aufgeben mussten und ihren Tieren die Freiheit schenkten.

Manche der Neozoen, wie die gebietsfremden Arten genannt werden, sind harmlos für die heimische Natur, da sie nur in geringer Zahl vorkommen und in keinem allzu großen Wettbewerb mit heimischen Arten stehen. Doch es gibt auch Arten, die eine erhebliche Konkurrenz um Nahrung und Reviere für die tierischen „Ureinwohner“ darstellen. Sie werden als invasiven Arten bezeichnet.

Gebietsfremde Säugetiere an der Leine

"In den Leinepoldern zwischen Einbeck und Northeim leben neben einheimischen Säugetierarten wie Reh, Wildschwein oder Fuchs auch einige Neozoen", weiß Thomas Spieker von den Naturscouts Leinetal e. V. "Es wurden beispielsweise die aus Nordamerika stammenden Bisamratten gesehen, ebenso wie die Amerikanischen Nerze oder Minks sowie 200 Meter nördlich des Leinepolders eine Nutria."

Sie alle haben eines gemeinsam: Sie werden bundesweit als invasive Arten eingestuft, weil von ihnen eine Schadwirkung ausgehen soll. Gänzlich klar ist die Lage jedoch nicht in sämtlichen Fällen. So wird beispielsweise die Bisamratte vielerorts toleriert, weil sie kaum Schäden anrichtet. Dort, wo es Deiche gibt, kann sie an Gewässern aber zum Problem werden, weil sie diese mit ihren Bauen destabilisieren könnte.

Problemfall Waschbär

Ein weiterer sich in Deutschland stark ausbreitender tierischer Nordamerikaner ist der Waschbär. Für die Pelztierzucht wurde er einst nach Europa geholt und etliche der schlauen Tiere konnten in die Freiheit entkommen. Sie sind wahre Überlebenskünstler und konnten sich schnell in den neuen Lebensräume etablieren. Sogar im Siedlungsraum finden sie ihr Auskommen, und das sogar recht gut. In manchen Gegenden plündern sie nachts Mülltonnen und hinterlassen auf den Straßen ein Chaos, das die Menschen stört.

"Auch in den Leinepoldern und in deren Umfeld gibt es Waschbären, und weil sie als Allesfresser auch andere Tiere fressen, haben sie einen spürbaren Einfluss auf andere Arten", erklärt Thomas Spieker. "Es gab bis vor einigen Jahren eine Kormoran-Brutkolonie an den Northeimer Kiesseen. Kletternd konnten die Waschbären die Nester erreichen und sie plündern – die Kormorane gaben die Kolonie vorübergehend auf." Inzwischen brüten die schwarzen Vögel dort zwar wieder, doch es ist davon auszugehen, dass nach wie vor eine Bedrohung durch Waschbären besteht.

Säugetiere beobachten

Weil die meisten Säugetiere sehr scheu sind, ist es nicht leicht, sie zu beobachten. "In den Leinepoldern bringt es somit nichts, querfeldein zu gehen", so Thomas Spieker. "Damit würde man andere Tiere wie Vögel stören, weshalb es das Wegegebot für Menschen und ihre mitgebrachten Vierbeiner gibt. Die Chancen, Säuger in dem Gebiet zu sehen, sind sogar größer, wenn man sich ruhig verhält und auf den Wegen bleibt."

Von einem der Aussichtspunkte kann man beispielsweise mit einem Fernglas die Uferstreifen absuchen, gegebenenfalls sieht man dort Minks oder Nutrias. An matschigen Stellen lohnt es sich, nach Fährten Ausschau zu halten. So kann man mit etwas Glück die Trittspuren der nachtaktiven Waschbären aufspüren.